Der unterschätzte Zustand des „Da-Seins“

Der unterschätzte Zustand des „Da-Seins“

Ich habe das Gefühl, dass heute oft vergessen wird, was für ein unglaubliches Wunder die Existenz bzw. das „Sein“ eigentlich ist.

Zeit, ein bisschen auszuholen.

Vor rund 3,8 Milliarden Jahren gab es hier auf der Erde, einem Planeten der bis auf jede Menge felsiges Geröll und Wasser nicht viel zu bieten hatte, einen wundersamen Moment in dem sich einzelne simple Molekülverbindungen zu komplexeren Verbindungen zusammenschlossen und erste lebendige Organismen bildeten. Unsere aller ersten Vorfahren.

Jeder von uns hat eine direkte Verwandtschaftslinie, die rund 3,8 Milliarden Jahre zurückreicht, vom Auftreten der ersten Einzeller bis zum heutigen Menschen. Das bedeutet unzählige Generationen von Glückspilzen die unter, mal mehr mal weniger, stabilen Lebensumständen immer ihr Erbgut und somit das Leben weitergaben, sich dann  im Laufe der Evolution zu zig verschiedenen Spezies weiterentwickelt haben und letztendlich unter anderem dafür gesorgt haben, dass Du jetzt im Moment hier bist und diesen Text lesen kannst.

Eine noch so kleine Veränderung in der persönlichen Geschichte jedes Einzelnen, jetzt Existierenden hätte dazu geführt, dass dieser nicht da wäre. Wenn zum Beispiel mein Ur100 Großvater in der Steinzeit im Jugendalter eine Keule zwischen die Beine bekommen hätte oder bei den ersten Säugetier Vorfahren meine Ur 1000 Großmutter als Kind von einem Urzeitbären gefressen worden wäre, könnte ich jetzt wohl nicht darüber nachdenken.

Sich dies vor Auge zu führen, sorgt bei mir für eine enorme Demut. Was tun mit diesem unglaublichen Geschenk der Existenz?

Wir bzw. alle Lebewesen sind also das aktuelle Ergebnis unzähliger Glücksmomente, die den Fortbestand des Lebens sicherten. Wir Menschen sind nur möglicherweise die Ersten, die sich dessen bewusst werden können und ironischer weise auch die Ersten, die theoretisch die Macht haben, dem Leben hier einen Schlusspunkt zu setzen.

Denn so lohnenswert so ein Blick in unsere Vergangenheit auch ist, da er unser Bewusstsein für den Wert des Lebens schärfen kann, so wichtig ist es auch mal in die Zukunft zu sehen. Wir haben als bestimmende Spezies auf diesem Planeten die Zukunft in unserer Hand und welche Zukunft wir erschaffen, hängt von unserem Handeln in der Gegenwart ab.

Was bedeutet es, Mensch zu sein? Eine Frage, auf die es so viele Antworten wie Fragesteller gibt. Was uns aber als Lebensform vermutlich einzigartig macht, ist die Freiheit. Im Gegensatz zu Tieren haben wir die Freiheit, uns über evolutionäre Instinkte zu stellen und frei entscheiden zu können, was wir tun und lassen wollen, frei entscheiden zu können, wie wir die Welt um uns formen und beeinflussen möchten. Wir können die Grenzen dieser Freiheit Stück für Stück erforschen und ausdehnen, denn diese Grenzen schaffen wir uns meist selbst wenn wir uns als hilflose Opfer unserer Lebensumstände betrachten. Ja, wir sind das Produkt unserer Umwelt, aber nein, wir müssen unser Leben nicht davon bestimmen lassen. Mensch sein bedeutet für mich somit auch frei zwischen Handeln aus Liebe oder Handeln aus Angst entscheiden zu können.

Aus dieser Freiheit heraus entsteht aber auch eine enorme Verantwortung. Was wollen wir mit dieser Freiheit der Wahlmöglichkeiten anstellen? Wo solls hingehen? Wir leben nicht mehr instinktiv im Einklang mit der Natur wie zum Beispiel frei lebende Tiere, das ist eine riesen Chance gleichermaßen wie auch ein gewaltiges Risiko, wenn man sich der Verantwortung nicht bewusst ist. Durch unsere gesellschaftlichen Strukturen verliert man nur allzu leicht den Blick aufs „große Ganze“ und verliert sich dadurch in seiner eigenen abgetrennten Welt. Ich habe das Gefühl, dass diese Unbewusstheit über die Verantwortung des Lebens, die wir zu tragen haben, sich aktuell sehr offensichtlich auf der ganzen Welt in Form von systematischer Zerstörung der natürlichen Lebensräume, rücksichtsloser Ausbeutung und respektlosem Umgang mit „Nutztieren“ zeigt. Ein Ungleichgewicht im menschlichen Bewusstsein, wodurch die Wertschätzung für die Existenz des Lebens an sich teilweise völlig verloren gegangen ist.

Gerade in unserer globalisierten Welt beeinflusst das Handeln jedes Einzelnen täglich mit unzähligen positiven und negativen Auswirkungen die ganze Welt, auch wenn das oft nur schwer nachzuvollziehen ist. So leicht es ist, die Unbewusstheit anderer zu erkennen, so schwer ist es, sich mit der Eigenen auseinanderzusetzen. Aber es lohnt sich.

In Anbetracht der unglaublichen Unwahrscheinlichkeit unserer Existenz und der Tatsache, dass wir es sind, die die Welt der Zukunft mitgestalten, lohnt sich folgende Frage: Wie willst du leben?

„Der Mensch ist nichts anderes, als was er selbst aus sich macht.“
Jean-Paul Satre

Bild von Anja🤗#helpinghands #solidarity#stays healthy🙏 auf Pixabay

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